Baloo
Canada 4 - Québec
Kurz & bündig
- Die Flutwelle
- Hopewell Rocks
- Sticky Buns
- Fuchs und Biber
- Grand Falls, Grosser Wasserfall
- Eine windige Fahrt
- Québec

Freitag, 25. April 2025 – Die Flutwelle
Für heute ist wieder Regen angesagt. Wir fahren zur Fundy Discovery Site, wo wir gestern schon waren, und warten auf die Flutwelle. Im Moment ist es trocken, aber bewölkt. Ein sehr alter Campingbus mit getönten Scheiben steht neben uns. Als Annette den Abfall entsorgen geht, hört sie eine Stimme, die ihr ein Kompliment für Baloo macht. Doch weit und breit ist niemand zu sehen. Dann sieht sie eine Hand unter einem Fenster des Campingbusses wedeln. Annette bedankt sich für das Kompliment und es findet eine kurze Konversation statt, ohne dass Annette das Gegenüber sieht. Es ziehen immer wieder süsslich riechende Rauchschwaden vom anderen Fahrzeug zu uns hinüber.
Als es dann Zeit für die Flutwelle wird, wird Annette langsam nervös, da sich Erich viel Zeit lässt und meint, sie komme ja erst um 10.43 Uhr. Annette hat aber gelesen, dass man eine halbe Stunde vorher dort sein soll. Erich meint, sonst würden sie das ja nicht auf die Minute genau angeben…. Und dann sieht Annette die Flutwelle kommen! Also schnell heraus aus Baloo und an das Ufer des Flusses runter. Langsam bewegt sich die Welle den Fluss hinauf, begleitet von einem immer lauter werdenden Rauschen. Als sie an uns vorbei ist, strömt ein reissender Fluss hinterher, der den Flussboden und die Steine unter sich verschlingt und sich weit ins Landesinnere flussaufwärts wälzt. Innert kürzester Zeit ist das Flussbecken wieder bis an den Rand mit Wasser gefüllt. Was für ein Schauspiel!
Eine Frau spricht uns an. Die Leute hier sind wirklich freundlich und wollen wissen, woher wir kommen, wie lange wir bleiben und was wir noch sehen wollen. Die Frau ist Lehrerin an einer christlichen Schule und wohnt in der Umgebung. Sie ist das erste Mal hier und hat dafür gebetet, dass es einen halben Tag nicht regnet, damit sie und ihre Familie die Flutwelle im Trockenen sehen können. Als wir ins Womo zurückkehren, beginnt es zu regnen!
Annette hat von der älteren Frau vom (geschlossenen) Infocenter einige Tipps für die Weiterreise erhalten. So fahren wir auf der anderen Seite der Küste noch bis zum Five Islands Lighthouse Park. Von hier blickt man auf fünf vorgelagerte Inseln. Wir machen einen Strandspaziergang (also eine richtige Wanderung, Anmerkung von E.) und können zusehen, wie das Wasser zwischen dem Festland und den Inseln schwindet. Ein Schild weist darauf hin, dass man nicht zu den Inseln hinüberwaten soll, da man wegen der Flut nicht mehr zurückkommt.
Ein Mann mit seinem Hund spricht uns an und sagt, dass alle Campingplätze noch geschlossen haben, aber er denke, dass es kein Problem sei, hier zu übernachten. Er wohne gleich dort drüben und sehe da kein Problem. Eigentlich wollten wir weiter auf einen anderen Platz, da es hier verboten ist über Nacht zu parken. Die Kanadier scheinen in der Nebensaison recht entspannt zu sein, wir also auch!
Unterdessen scheint die Sonne und es ist windstill. Wir setzen uns in zwei rote, typische Stühle und geniessen die Wärme und die Abendstimmung. Erich schiesst mit seinen neuen Objektiven noch ein paar Fotos.
Samstag, 26. April 2025 – Hopewell Rocks
Die Flut ist wieder zurück und verwandelt die ganze Szenerie. Unvorstellbar, dass vorher „Land“ da war, wo jetzt Wasser ist.
Wir fahren nach dem Mittag nord-westlich in die Provinz New Brunswick. In Moncton, der einzigen zweisprachigen Stadt in Kanada, füllen wir unsere Lebensmittelvorräte auf. Bei Regen fahren wir weiter. In Hillsborough sehen wir ein Schild, das auf ein Cinnamon Soul Cafe aufmerksam macht. Dieses mint- und rotfarbene Gebäude ist nicht zu übersehen. Wir kommen grad 5 Minuten vor Ladenschluss an, sodass wir uns ihre Spezialität, Zimtschnecken, nur einpacken lassen und uns nicht im herzigen Kaffee von den Strapazen erholen können.
Wir kommen bei strömendem Regen bei den Hopewell Rocks an. Der Park hat geschlossen, aber es hat trotzdem einige Besucher, die an der Schranke vorbei in den Park latschen. Eigentlich ist jetzt Ebbe und eine gute Zeit für einen Besuch. Wir müssen uns etwas Aufraffen, um unsere Regenbekleidung anzuziehen. Die Winterregenjacke ist aus Platzmangel zu Hause geblieben. Mit Regenschirm bewaffnet gehen wir in den Park zu zwei Plattformen, von denen man einen Blick nach unten zum Meer werfen kann. Der sichtbare Meeresboden ist erdbraun, da die Flussbetten aus Erde sind und so die Erde ins Meer transportieren. Man sieht an den Vertiefungen, wo die Flussläufe ins Meer münden. Eine Plattform gibt uns den Blick auf einen Felsen mit Felsentor frei. Doch die bekannteren Felsen liegen weiter weg und wir beschliessen, morgen, bei hoffentlich besserem Wetter, nochmals vorbeizukommen.
Auf dem Parkplatz ist nicht nur Campingverbot, sondern ein „absolutly“ Camping- und Nachtparkierverbot. Es wird sogar auf Polizei-Patrouillen hingewiesen. Wir nehmen uns das zu Herzen und fahren auf einen grossen Kiesplatz an der Strasse und verbringen dort eine regnerische Nacht mit feinen Zimtschnecken.
Sonntag, 27. April 2025 – Sticky Buns
Es ist neblig und regnet immer noch, aber nicht mehr so stark. Wir fahren wieder zu den Hopewell Rocks. Hier haben wir bei der Heizung wieder die gleiche Fehlermeldung. Erich schaltet das Höhenkit ein und wir lassen die Heizung den Baloo auf 30 Grad aufheizen, um den Glühstift frei zu brennen. In der Zwischenzeit wandern wir bei leichtem Regen bis zu den bekannteren Felsen. Es geht durch den Wald zum Meer hinunter. Mitten im Wald entdecken wir Schilder, die auf eine Raucherzone hinweisen. Bei uns undenkbar. Undenkbar aber auch, dass du in deiner Wohnung und auf deinem Balkon auch nicht rauchen darfst.
Leider ist der letzte Teil des Weges abgesperrt, sodass wir nicht ganz in die Nähe der Felsen können. Aber wir kommen gerade zur richtigen Zeit. Die Felsen stehen noch im Trockenen, bevor wir mitansehen können, wie das Meer ihren Sockel wieder verschlingt. Drei kanadische Gänse, bringen sich schnatternd am Strand vor der Flut in Sicherheit.
Zurück im 28 Grad warmen Womo ziehen wir uns aus und reissen die Fenster auf. Wir sind froh, dass die Heizung wieder funktionniert.
Wieder geht es der Küste entlang, die zum Unesco Geologie Erbe gehört, bis nach Alma. Der Alma Lobster Shop hat leider geschlossen, aber Kelly’s Bake Shop ist offen und so erstehen wir die für diesen Ort bekannten „Sticky buns“. Ein Gebäck mit gehackten Pekannüssen, getränkt in einer Caramellsauce.
Weiter geht es durch den Fundy Nationalpark. Das nette Fräulein an der Info erlaubt uns, ohne Bezahlung aber auf direktem Weg hindurchzufahren und sogar am Aussichtspunkt anzuhalten. Auf einer Höhe von 360müM liegt da und dort noch Schnee.
Wir kommen noch bis nach Sussex Corner. Nachdem wir die Provinz Nova Scotia, die alleine bereits grösser als die Schweiz ist, verlassen haben, tut sich uns die Grösse Kanadas allmählich auf.
Montag, 28. April 2025 – Fuchs und Biber
Heute sind in Kanada Wahlen. Bis auf vereinzelte Wahlplakate am Strassenrand und „Vote“-Schilder merken wir nicht viel davon. Die Lebenshaltungskosten sind seit der Pandemie und durch die Inflation deutlich gestiegen. Die Lebensmittel sind teuer und die Mieten fast unerschwinglich. Und es brodelt in der Bevölkerung. Die Kanadier haben aber ein neues Zusammengehörigkeitsgefühl über Parteigrenzen hinweg entwickelt, um sich gegen ihren grossen Nachbarn zu behaupten.
Auf der Weiterfahrt reduzieren wir unseren Reifendruck. Die Strassen sind durch die strengen Winter und durch das riesige Land (hier ist pro Einwohner 2,5x soviel Strassenlänge vorhanden wie in der Schweiz) in einem schlechten Zustand. Es gibt immer wieder Schlaglöcher unterschiedlicher Grösse, meist natürlich dort, wo die Räder fahren. Auf der Autobahn ist der Belag am besten.
In Fredericton, der Hauptstadt der Provinz New Brunswick, machen wir einen Mittagshalt am 400km langen Saint John River, der gerade Hochwasser führt und viele Landstriche unter Wasser setzt. Wir vertreten uns die Beine mit Blick auf die Skyline der Stadt mit dem altehrwürdigen Parlamentsgebäude und der Christ Church Cathedral.
Heute ist es über 20° Grad warm und viele Leute halten sich im Freien auf. Einige in kurzen Hosen, andere noch in warmen Jacken.
Weiter geht’s nordwestwärts, der Grenze zum US-Bundesstaat Main entlang. Auf der Autobahn überquert ein Fuchs ganz gemächlich die Fahrbahn. Zum Glück hat es nicht viel Verkehr!
Wir machen einen kurzen Umweg, da die vorgeschlagene Route des Navis uns von einer vierspurigen Strasse in eine immer enger werdende Strasse führt, die uns mit Ästen und Bäumen den Weg versperrt. Den ersten Baum zersägt Erich aber irgendwann geben wir auf und kehren um, da es auch unsicher ist, ob am Ende der Strasse die Fähre wirklich fährt und uns überhaupt transportieren kann. Es scheint, als wäre seit Ewigkeiten hier niemand mehr hindurch gefahren.
Wir finden einen Platz direkt am Saint John River, wo wir erstmal draussen sitzen und Abendessen können. Erich beobachtet zwei Biber im Fluss, die hin- und herschwimmen. Ein Einheimischer kommt auf einen kurzen Schwatz vorbei und ein deutsches Ehepaar in einem VW-Bus gesellt sich für die Nacht zu uns.
Dienstag, 29. April 2025 – Grand Falls, Grosser Wasserfall
Der Tag startet sonnig aber gegen Mittag ziehen Wolken auf. Wir fahren nach Grand Falls und schauen uns den grössten Wasserfall nördlich der Niagarafälle an. Schon von weitem hören wir das Brausen des Wassers. Wir gehen am Rand der Schlucht entlang und sehen hinunter auf die tosenden Wassermassen. Und plötzlich haben wir Sicht auf den Wasserfall, der nach einer Schleuse in die Tiefe donnert. Es sind unglaubliche Wassermassen, die wir von verschiedenen Plattformen aus bestaunen können. Wir wechseln die Flusseite und schauen uns das ganze aus einer anderen Perspektive an. Um diese Jahreszeit hat es besonders viel Wasser. Auf einer Tafel lesen wir, dass im Frühling bis zu 6000 m3 Wasser pro Sekunde in die Tiefe stürzt. Heute ist es sicher nicht so viel.
Unsere Weiterfahrt verzögert sich etwas, da wir neben einer Schule geparkt haben, vor der jetzt 9 Schulbusse auf die Schüler warten. Hier gilt die Regel, dass man an keinem rot blinkenden Schulbus vorbeifahren darf (auch nicht in Gegenrichtung!). Also warten wir, bis alle Busse weg sind, was ziemlich zügig geht.
Wir fahren noch bis Saint-Basile auf einen grossen Parkplatz bei der Arena unterhalb einer Treppe, die zu drei Kreuzen führt. Wir steigen die 135 Treppenstufen zu den Kreuzen hinauf und verweilen einige Zeit auf einer Bank mit Sicht auf das Dorf hinunter.
Mittwoch, 30 April 2025 – Eine windige Fahrt
Wir fahren bei starkem Wind, was von Erich volle Konzentration erfordert, in die Provinz Québec. Heute hat unser Tag 25 Stunden! Wir sind in eine neue Zeitzone gekommen. Doch nicht nur die Uhrzeit hat sich geändert, auch die Strassen- und Werbeschilder sind nur noch auf Französisch angeschrieben.
Nach einem ausgiebigen Mittagshalt verbringen wir die Nacht in einem Wald in der Nähe der Stadt Québec.
Donnerstag, 1. Mai 2025 - Québec
Nach einem langen Telefon mit unserer Tochter, machen wir uns auf nach Québec. Wir parkieren etwas vor der Stadt auf einem Parkplatz, wo wir während vier Stunden kostenlos stehen dürfen. Man könnte auch in der Stadt für 50 CHF parkieren…
An den Pferdeplastiken aus Eisen vorbei folgen wir dem Sankt-Lorenz-Strom bis wir in die Rue du Petit Champlain einbiegen. Hier beginnt bereits der besondere Charme dieser Stadt mit herzigen Läden.
Von der Place Royale schlendern wir zur Kathedrale Notre-Dame de Québec, die wir uns auch von innen ansehen. Auf der Stadtmauer gehts weiter und dann ab Richtung Rathaus und Citadelle. Wir sind durch, bevor die friedliche, aber laute 1. Mai Demo ankommt.
Wir essen im Restaurant Bello relativ teuer und italienisch zu Mittag und müssen uns sputen, um über die Terrasse des imposanten Château Frontenac wieder hinunter und zum Womo zu kommen. Wir haben die vier Stunden um wenige Minuten überzogen, aber es ist niemand hier, der das kontrolliert.
Da es noch früh ist, fahren wir etwas ausserhalb der Stadt zum Montmorency Wasserfall. Dieser ist mit 83 Metern höher als die Niagarafälle. Wir gelangen auf eine Hängebrücke direkt über den Wasserfall und können auf der anderen Seite 167 Treppenstufen hinuntersteigen, dann ist der Weg geschlossen und verschwindet in der Gischt.
Für die Nacht fahren wir aus der Stadt an den Lac Beauport, wo wir morgen voraussichtlich den Regentag aussitzen werden.
Reiseroute

